Vorlaufkurs & Vorklasse

Vorklasse


Jedes Kind wir mit den Förderplänen in den „Blick“ genommen

„Nein, unser Kind geht in das 1. Schuljahr“ oder „wenn die Tochter/der Sohn erst einmal in der 1. Schulklasse ist, dann wird sie/er das auch packen“, so oder so ähnlich hört man Väter und Mütter sprechen, wenn sich die Frage nach der Schulfähigkeit des eigenen Kindes stellt. Argumente, die solche Festlegungen aufgrund gemachter Eindrücke während der Vorstellungsgespräche/Schnuppertage in Frage stellen, werden hingegen zurückgewiesen.

Die Ziele und die inhaltliche Arbeit der Vorklasse erfahren, sofern überhaupt bekannt, mitunter zwar Anerkennung, doch für das angesprochene eigene Kind erscheinen sie irrelevant, weil nicht erforderlich.

Abgesehen von den wenigen über die Arbeit der Vorklasse an der Leo-Sternberg-Schule informierten Eltern/Sorgeberechtigten, kennen die meisten Mütter und Väter der einzuschulenden Kinder die schulische Einrichtung Vorklasse überhaupt nicht. Mit der Unkenntnis über die inhaltliche Arbeit der Vorklasse geht nicht selten eine große Unsicherheit, ja mitunter sogar Angst einher, dass eine Überstellung des Kindes in diese Einrichtung evtl. der erste Schritt für das Kind in Richtung der „Schule für Lernhilfe“ bedeuten könnte. Dass mit der Zurückstellung des Kindes in die Vorklasse der Leo-Sternberg-Schule jedoch das genaue Gegenteil beabsichtigt ist, lässt sich bereits unschwer an der konzeptionellen Ausrichtung der Vorklasse als eine Einrichtung zur Erzielung der (Grund-)schulfähigkeit erkennen. Inhaltlich wird mittels aufgestellter Förderpläne jedes Kind in den „Blick“ genommen, wobei durch die unterschiedlichen Aufgabenstellungen sowohl die (Weiter-)entwicklung der Persönlichkeit als auch die Erlangung der Schulfähigkeit eine entscheidende Bedeutung zukommt.

Die geschilderte Ausrichtung und Umsetzung der Vorklassenarbeit fußt dabei stets auf dem Grundsatz der Beachtung der uneingeschränkten Würde eines jeden Menschen, gleich seiner Religion, Hautfarbe, Nationalität oder seines Geschlechts. Die „Sichtweise“ des Kindes soll sich während des Vorklassenjahres dabei immer deutlicher zu einer soziozentrischeren Perspektive und damit die Belange Anderer mehr achtenden weiterentwickeln. Durch das Schulen und „Trainieren“ u. a. in den Bereichen der Grob- und Feinmotorik, des Wahrnehmungs- und Differenzierungsvermögens, der Ausdauer- und Konzentrationsfähigkeit, der Sprech-, Sprach- und Artikulationskompetenz und der Merk- und Denkfähigkeit soll die Schulfähigkeit des einzelnen Kindes immer klarer und sichtbarer hervortreten. All dies geschieht während eines in der Regel 4-stündigen Unterrichts am Tag, wobei für jeweils 1 Stunde am Tag Teilgruppen- (insgesamt 2) und für die übrigen 3 Stunden Unterricht in der Gesamtgruppe stattfindet. Der Unterricht, der zumeist spielerisch organisiert ist, wechselt stets zwischen Einzel- und Partnerarbeiten und findet darüberhinaus für eine Stunde am Tag in einem Stuhlkreis statt. Zudem finden sich täglich die Kinder zu einem „Gemeinsamen Frühstück“ in der Gesamtgruppe ein. Die Fahrt von zu Hause zur und von der Schule wieder nach Hause wird von einem eigens für die Vorklasse eingesetzten und vom Landkreis Limburg-Weilburg finanzierten Bus übernommen.

Vorklasse
im Detail


I. Institution und rechtliche Grundlagen

Im Schulgesetz des Landes Hessen ist bestimmt, dass Kinder, die bis zum 30. Juni das sechste Lebensjahr vollenden, zum 1. August schulpflichtig werden. In der Regel erfolgt die Einschulung der Kinder in das 1. Schuljahr. In Einschätzung der Gesamtentwicklung können schulpflichtige Kinder aber auch in der schulischen Einrichtung Vorklasse aufgenommen werden. Dies trifft auf jene Kinder zu, die zu Beginn der Schulpflicht noch nicht so weit entwickelt sind, um am Unterricht einer 1. Jahrgangsstufe mit Erfolg teilnehmen zu können. Voraussetzung für den Besuch der Vorklasse ist, dass die betreffenden Kinder vom Besuch des 1. Schuljahres zurückgestellt werden und die Eltern/Erziehungsberechtigten in der Abwägung zwischen den Einrichtungen Kindergarten oder Vorklasse sich durch eine diesbezügliche schriftliche und unterschriebene Willensbekundung für die Vorklasse entscheiden. Ein Antrag auf Zurückstellung vom Unterrichtsbesuch einer 1. Schulklasse kann dabei durch den Wunsch der Eltern/Erziehungsberechtigten erfolgen oder die Zurückstellung wird nach deren Anhörung unter schulpsychologischer Beteiligung und der Einbeziehung des schulärztlichen Dienstes von der Schulleiterin oder dem Schulleiter ausgesprochen. Die Zeit der Zurückstellung für 1 Schuljahr wird dabei nicht auf die Dauer der Schulpflicht angerechnet.


II. Das pädagogisch-inhaltliche Konzept

Aufgabe und Ziel der Arbeit der Vorklasse ist es, die individuelle Weiterentwicklung eines jeden Kindes so zielgerichtet zu unterstützen forcieren, dass am Ende des Vorklassenjahres die jeweils angestrebte Schulfähigkeit erreicht wird. Entsprechend ist bereits der Einstieg in das Vorklassenjahr so gestaltet, dass schon das spielerisch organisierte Kennenlernen in den ersten Tagen von einem die unterschiedlichen Entwicklungsbereiche der Kinder hinterfragenden Angebotsspektrum u.a. in den Bereichen der Motorik, der Sprache und der Wahrnehmung ergänzt ist. Zusammen mit Aufgabenstellungen in den Handlungsfeldern des Differenzierungsvermögens und der Merk- und Denkfähigkeit und solcher, die der Herausbildung und Stärkung der Sozialkompetenz und des sozialen Lernens dienen, ermöglichen dem pädagogischen Personal der Vorklasse schon recht schnell Einsichten bezüglich des Lern- und Entwicklungsstandes jedes einzelnen Kindes und dienen als Fundament für die Auswertung beim Aufstellen individueller Förderpläne. Einmal aufgestellt, verändern sich die Förderpläne fortlaufend entsprechend der Entwicklung des einzelnen Kindes und bilden einen wichtigen Hintergrund in der Planung und der weiteren Gestaltung der Unterrichtsangebote im Vorklassenjahr. Der konkrete Unterrichtsverlauf erscheint dabei durch die Einteilung der Vorklassenkinder in zwei Teilgruppen (abhängig von Wohnort bzw. von der Wohnadresse) mit festen Unterrichtszeiten und sich wiederholender Abläufe wie beispielsweise der gemeinsamen Frühstücksphase aber auch dem täglichen Morgenkreis einerseits sehr strukturiert, ja ritualisiert, andererseits erhalten die Kinder ein breites inhaltliches und an ihren jeweiligen individuellen Bedarfen orientiertes Unterrichtsangebot, das sie in der Bearbeitung der Aufgaben im Wechsel die unterschiedlichen Lernanordnungen und Arbeitsformen von Einzelbeschäftigungen, Partner- und Kleingruppenarbeiten kennen lernen lässt. Jegliches pädagogisches Handeln ist dabei stets dem Aspekt der Inklusion/inklusiven Beschulung und der anschließenden Beschulung in der 1. Jahrgangsstufe einer allgemeinbildenden Regelgrundschule unterworfen.

In der Abstimmung der Spielphasen gestaltet sich zunächst der Ablauf auch in einem gemeinsam besprochenen und verbindlichen Korsett aufgestellter Regeln, doch erhält jedes Kind über das gesamte Vorklassenjahr hinweg gleichermaßen ausreichend Gelegenheit und Zeit für die Befriedigung seines Spielbedürfnisses gerade auch im sog. freien Spiel unter der Zurverfügungstellung vielfältiger Spielangebote. Der zeitliche Rahmen des Unterrichtstages in der Vorklasse umfasst in der Regel 4 Unterrichtsstunden, ist schulgeldfrei und spricht das einzelne Kind immer in seiner ganzen Persönlichkeit an. Eine intensive Elternmitarbeit stellt eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Vorklassenbesuch dar. Sie wird durch zumindest einen sog. Eltern(informations)abend, einen Elternsprechtag, flexiblen Elternsprechzeiten und regelmäßig durchzuführenden individuellen Elterngesprächen sichergestellt. Der Schulpflicht ist nachzukommen und krankheitsbedingte Fehlzeiten gilt es rechtzeitig zu entschuldigen, wenn nötig (bei längerzeitigem Fehlen) auch unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung. Der Weg zur Schule und wieder nach Hause ist durch einen dafür eingesetzten, vom Kreis als dem Schulträger finanzierten und für die Eltern der Kinder kostenneutralen Vorklassenbus gewährleistet. Der Unterricht selbst kennt dabei keine Einteilung in Schulfächer, sondern macht u.a. Angebote in den Themenfeldern der Sprach- und Sprechkompetenz, der fein- und grobmotorischen Entwicklung, des Konzentrations- und Ausdauervermögens, der Wahrnehmungs- und Differenzierungsfähigkeit, aber auch Angebote für die Entwicklung des Selbstwertgefühls und des Selbstbewusstseins und eines menschlich und sozialen Miteinanders. Unterworfen sind sämtliche Unterrichtsangebote einer „Pädagogik der Verantwortung“ und unterliegen den Grundsätzen höchster ethisch-moralischer und human-menschlicher Wertevorstellungen. Der Umgang erfolgt dabei stets unter Anwendung eines demokratischen Erziehungsstils und nimmt die Anliegen und Belange der Kinder ernst.


III. Selbstverständnis und gesellschaftliche Einordnung

Sämtliches pädagogisches Handeln und Geschehen in der Vorklasse ist immer dem universellen Prinzip der Unverletzlichkeit der Menschenwürde unterstellt und das Prinzip der Gleichwertigkeit aller ist verpflichtend. Die Pädagogik und das in der Vorklasse tätige Personal handelt dabei immer nach den Prinzipien der Gleichheit aller und der gleichermaßen bestmöglichen und an der Humanität orientierten schulischen und persönlichen Förderung und Unterstützung der Kinder. Die Einbeziehung des sozialen und häuslich-familiären Umfeldes erfährt gerade hierbei eine hohe Relevanz, da nur mittels eines abgestimmten und gemeinsamen Handelns von Schule und Elternhaus den Kindern gegenüber die genannten Ziele wie die Erreichung der Schulfähigkeit und der Herausbildung humaner und sozialer Persönlichkeiten zu erreichen sind. Versuche der Ab- und Ausgrenzung, der Diffamierung und der Menschenfeindlichkeit tritt das Vorklassenpersonal entsprechend und in aktiver Weise stets entgegen und selbstredend werden jegliche Formen des Antisemitismus und des Antijudaismus, des Antiziganismus, des Rassismus, der Fremden- und Ausländerfeindlichkeit sowie der „Behinderten“- und der Frauenfeindlichkeit kompromisslos und in aller Entschiedenheit, auch im Einklang mit der Präambel unseres Schulprogramms, zurückgewiesen und bekämpft.

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